Kampagne “Rassismus tötet!” – Zielsetzung und Selbstverständnis


Kampagne „Rassismus-tötet!“
Selbstverständnis und Zielsetzung

- Ausrichtung der Kampagne

  • oberstes Anliegen der Kampagne ist das Gedenken an die rassistischen Pogrome und Anschläge Anfang der 90iger – gegen die Verdrängung – nicht nur am 10. oder 20. Jahrestag!
  • in diesem Zuge ist es uns wichtig, das gesellschaftliche und politische Klima in Deutschland der Tage und die Ursachen hierfür klar herauszuarbeiten, um zu wissen, wie ein Pogrom aus der sog. Mitte heraus funktioniert.
  • Wir möchten über Rostock hinaus arbeiten, denn die Fanalwirkung von Rostock, die zur Veränderung des Grundgesetzes führte, bestimmt bis heute die deutsche Einwanderungspolitik und somit die deutsche Realität.
  • Wir stehen ganz klar auf der Seite der Opfer und sehen in der Vorgehensweise, den Tätern bzw. Rassisten erhöhte, mediale Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen eine pervertierte Aufarbeitung rassistischer Gewalt.
  • Nicht nur die 90er Jahre haben gezeigt, dass die Wechselwirkung zwischen rassistischer Gewalt und Täter-Ikonisierung zu Rückkopplungseffekten führt. Dennoch wird heute im Zusammenhang mit neuen Erscheinungen des Rassismus und rassistischer Gewalt mit den selben Mitteln gearbeitet. Durch die hergestellte Nähe zu den Tätern und ihrem rassistischen Gedankengut wird eine Identifizierung mit ihnen und ihren „Thesen“ geschaffen. Die Opfer hingegen werden aus dem öffentlichen Gedächtnis verdrängt, sie und ihre Angehörigen erfahren nicht selten den rassistischen Zynismus der deutschen Gesellschaft. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Ideologie der Täter findet nicht statt, zu Gunsten einer oberflächlichen und senationsheischenden Betrachtung und Wiedergabe der Täter.
  • Wir stellen angesichts Sarrazin und NSU die Frage: wo steht die deutsche Gesellschaft und Politik 20 Jahre nach dem neuerlichen Sündenfall der Deutschen in alte Verhaltensmuster und „Lösungsstrategien“?
    Deutschland strebt nach neuer Macht, politisch verfolgte und vertriebene Flüchtlinge werden gnadenlos abgeschoben, während im Inland die „Ausländer-raus!-Ideologie“ neue, seltsame Blüten namens „Integrations“- oder „Kopftuch-Debatte“ trägt.

Auf Grundlage dieser Prämissen verfolgt die Kampagne folgende Ziele:

  • Aufarbeitung der Ereignisse in Hoyerswerda, Mannheim und Rostock und Eingang dessen als Pogrome benannt in das deutsche Geschichtsbewusstsein. Diese Pogrome stehen im engen Zusammenhang mit der Wiedervereinigung 89/90.Dies wollen wir über die Mitgestaltung des öffentlichen Diskurses, also die Öffentlichkeitsarbeit erreichen.
  • Konfrontation der meist neonazistischen Mörder und der damaligen Verantwortlichen in der Politik mit ihren Handlungen in der Vergangenheit.
  • Aufdeckung der inoffiziellen Strukturen des Bündnisses zwischen Elite und Mob, wie sie vor allem in Rostock gegriffen haben.
  • Rehabilitierung und Gedenken der Opfer des deutschen Rassismus. Hierfür steuern wir die bundesweite Vernetzung der lokalen Gedenkinitiativen für die Opfer an. Dies soll sowohl dem Austausch von Erfahrungen und Inhalten als auch der effektiven Mobilisierung zu Gedenkveranstaltungen und Demonstrationen dienen.
  • Widerstand gegen den strukturellen Rassismus organisieren. Ob Lagerunterbringung, Grenzregime oder Neubau von Abschiebeknästen: Es gilt die Kämpfe um das Gedenken an die rassistischen Anschläge der 90er Jahre und die Kritik an der Abschaffung des Grundrechtes auf Asyl mit aktuellen antirassistischen Kämpfen zu verbinden.
  • Widerstand gegen den „neuen“ Rassismus a la Sarrazin und anderer Rechtspopulist_innen. Sarrazin hetzt und die NSU mordet, beide eint ein Feindbild und ein Motiv: „Ausländer raus!“. Deswegen: kein Podium für Rassisten! Blockieren, stören, verhindern, wo sie auftauchen und bejubelt werden.

Zur Erreichung der Ziele plädieren wir für eine dezentrale Kampagne

Im Juni 2013 jährt sich die Abschaffung des Grundrechtes auf Asyl zum 20. Mal. Wir sehen in den deutschen Abschottungsmaßnahmen mit Gesetzen gesichertes Unrecht, dem nur ökonomische, jedoch nicht humanistischer Überlegung zu Grunde liegt. Da der gezielt geschürte rassistische Konsens des Volksmobs, der Politik und der Medien den Handlungen voran ging, aus denen letztendlich die Gesetzesänderung resultierte, liegt der enge Zusammenhang zwischen beiden Themenkomplexen – Rassismus und Asylrechtabschaffung – auf der Hand.
Das Gedenken an die Pogrome in Rostock und der 20. Jahrestag der Abschaffung des Grundrechtes auf Asyl im Sommer 2013 bilden darum den zeitlichen und aktionistischen Rahmen für die Kampagne.

Praxis:

  • Gedenken an rassistische Anschläge und Morde
    Rostock war kein Einzelfall. Überall in den „alten“ und „neuen“ Bundesländern verübten Rassist_innen Anschläge gegen Migrant_innen.
    Um die Morde und Angriffe ins Gedächtnis der örtlichen Bevölkerung zu rufen, gilt es, die Erinnerung daran im öffentlichen Raum sichtbar zu machen (mit Plakaten, Nachbarschafts-Flyern u.ä.).
    Hierbei sollen vor allem die Opfer des Rassismus gewürdigt und ihre Perspektive in den Mittelpunkt gerückt werden.
  • Benennung der Akteur_innen und ihrer Verantwortung
    Die überwiegende Mehrheit der damaligen, politisch Verantwortlichen, die die Hetzkampagne gegen Flüchtlinge initiiert und die Zweidrittelmehrheit im Bundestag zur Abschaffung des grundgesetzlichen Rechts auf Asyl erzwungen haben, genießen heute den „wohlverdienten“ Ruhestand. Ebenso wie auch die rechten Drahtzieher der organisierten Angriffe auf das Leben von Migrant_innen weitgehend unbehelligt bleiben und teilweise ihr rassistisches Gedankengut weiter ausagieren können. Moralische Verantwortung jedoch verjährt nicht.

    Die inhaltliche, wie auch die praktisch vollzogene Offenlegung und klare Benennung der Verantwortlichen und ihrer Handlungen vor 20 Jahren soll der Gerechtigkeit wenigstens ansatzweise genüge tun.

    In diesem Sinne gilt es aber auch, die Wirkmechanismen der medialen Propaganda und die diesbezügliche Rolle der Medien als Mittlerin zwischen Politik und Volksmob klarzustellen und zu analysieren.

  • Bildungs- und Informationsarbeit
    Die Website und der Youtube-Channel der Kampagne „Rassismus tötet!“ stellen Filme zum Thema zur Verfügung, die für selbstorganisierte Filmabende bzw. Filmreihen genutzt werden können. Für Thema vertiefende Veranstaltungen wird Archivmaterial und ausgearbeitete Veranstaltungen (Zeitungsausschnitte, Zitate, Fotos) bereit gestellt..
  • Informationspool
    Solltet ihr über brauchbares Text, Bild- oder Videomaterial zum Themenkomplex Asylgesetz/Pogrom/90er Jahre verfügen, dann lasst es uns doch zukommen.Die Website der Kampagne soll im Laufe der Zeit sich zu einem thematischen Informationspool werden.
  • Mobilisierung zu zentralen Demonstrationen
    Für die Mobilisierung zu Aktionen der Kampagne oder Aktionen, die von der Kampagne unterstützt werden, stellt die Kampagne Veranstaltungen und Infomaterial zur Verfügung.
  • Lokale Intervention
    Um nicht in einer bloßen, aktionsorientierten und inhaltlichen Aufbereitung bundesdeutscher Geschichte zu verharren, ist es nur logisch, auch gegen aktuelle, öffentliche Inszenierungen von Rassismus vorzugehen (Volksmob, rassistische Buchlesungen usw.)

    Die Aktionen, Veranstaltungen oder Publikationen werden auf der Kampagnen-Seite veröffentlicht. Damit wird auch Initiativen die Möglichkeit gegeben, mit ihren Veranstaltungen, Aktionen usw. eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, die nicht über ein eigenes Publikationsmedium verfügen oder sich nur als informeller Zusammenhang für eine Veranstaltung zusammengefunden haben.

    Gleichzeitig werden auf diese Weise auch der Austausch wertvoller Inhalte und Diskussionsergebnisse zu einer komplexen Auseinandersetzung zusammgeführt.
    Jede Gruppe und Iniative, die sich mit dem Themenkomplex „Pogrom/Asylgesetzänderung/rassistsiche Morde/ staatllicher Rassismus“ befasst, wird auf Vielschichtigkeit und die zahlreichen Ansätze abzuleitender Gesellschaftskritik stoßen.
    Um der Komplexität und Ernsthaftigkeit dieses Themas gerecht zu werden und vor allem tatsächlich relevante Kritik formulieren zu können, ist der Austausch erarbeiteter Inhalte von großer Bedeutung.

    Um auch die verschiedenen lokalen Kämpfe und Veranstaltungen überregional in Verbindung mit einander zu setzen, schlagen wir die gemeinsame Verwendung des „Rassismus tötet!“-Logos vor. Das „Rassismus tötet!“-Logo ist frei verwendbar und kann von allen genutzt werden, die die oben formulierten Ziele teilen.

    „Rassismus tötet!“ ist nicht bloß das Logo einer Kampagne, sondern behält auch seine Gültigkeit als Losung über den zwanzigsten Jahrestag des Pogromjahres 1992 hinaus. Die Hetze des Staates, der alltägliche Rassismus, mit dem Migrant_innen sich konfrontiert sehen, die Mordlust organisierter Neonazis und des rechtem Straßenmob – all das ist in letzter Konsequenz tödlich.

Insofern gilt auch heute: Rassismus tötet!

Kampagne „Rassismus tötet!“
(Juli 2012)

www.rassismus-toetet.de

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Rassismus tötet

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