Rassismus tötet! - Kampagne » Veranstaltung Ein weiterer blogsport.eu Blog Fri, 07 Feb 2014 00:38:08 +0000 de-DE hourly 1 /?v=3.8.1 Flora bleibt! Esso Häuser bleiben! Alle bleiben! Recht auf Stadt kennt keine Grenzen /2620/ /2620/#comments Fri, 20 Dec 2013 00:36:08 +0000 http://rassismustoetetkampagne.blogsport.eu/?p=2620 21.12. – 14:00 Uhr
Rote Flora, Achidi-John-Platz 1


Mit einer bundesweiten und internationalen Demonstration will die Rote Flora am 21. Dezember gegen Räumungsandrohungen, für den Erhalt der Esso-Häuser und ein Bleiberecht für die Lampedusa-Flüchtlinge auf die Straße gehen. Wir wollen in einem eigenen bunten Block auf der Demo lautstark und entschlossen unserer Forderung nach einem vergesellschafteten öffentlichen Raum, der allen gehört, Nachdruck verleihen. Denn: Recht auf Stadt kennt keine Grenzen!

„Rights are not given, they’re taken!“

Das Recht auf Stadt ist nur dann etwas wert, wenn es für alle Menschen gilt. Recht auf Stadt bedeutet, dass alle Menschen ausnahmslos entscheiden können, wo und wie sie leben möchten – in welchem Viertel, welcher Stadt, in welchem Land und auf welchem Kontinent. Ob sie in Mietwohnungen leben, eine autonome Lebensform gewählt haben oder aus ihrer Heimat geflohen sind. Egal wie lange sie schon hier sind oder woher sie kommen. Dieses ‚Recht‘, wie wir es verstehen, kann nicht eingelöst werden, solange ‚illegale Einwanderung‘, ‚Duldung‘ oder der Ruf nach ‚Integration‘ existieren. Wir wollen niemanden in das bestehende System ‚integrieren‘, wir wollen auch keine Menschen an unserer Seite ‚(er)dulden‘; wir wollen sie in unserer Mitte willkommen heißen und mit ihnen auf Augenhöhe gemeinsam entscheiden, wie wir zusammen leben wollen. Dabei liegt die Stärke der Recht-auf-Stadt-Bewegung gerade darin, die unterschiedlichen Ausgangssituationen der Menschen anzuerkennen, sich aber auf das Gemeinsame zu konzentrieren.

Freedom of movement, Freedom to stay!

Kein Tag vergeht, an dem nicht gegen die europäische Asylpolitik und für ein Bleiberecht der 300 Hamburger Lampedusa-Flüchtlinge gekämpft wird. Diese anhaltende Welle antirassistischer Proteste gegen die Politik des Hamburger Senats wäre ohne die beeindruckende Selbstorganisation der Geflüchteten so nicht möglich gewesen. Sie ist nicht einfach eine Reaktion auf die neuesten Berichte über Tote an den EU-Außengrenzen. Die Solidarität mit „Lampedusa in Hamburg“ speist sich aus der Idee von gleichen Rechten für alle Menschen, aber auch aus eigenen Erfahrungen vieler hier lebender Menschen, lediglich als ökonomisches Objekt funktionieren zu müssen. In einer Stadt, die zunehmend dem Markt überlassen wird, die unter rein profitorientierten Akteuren verteilt wird, werden auch die Menschen, die in ihr leben, ausschließlich unter monetären Gesichtspunkten beurteilt: Wer sich die Stadt wegen enormer Mietsteigerungen und Lebenshaltungskosten nicht mehr leisten kann, wer nicht ins wohl sortierte Umfeld zu passen scheint, also arm ist oder die „falsche Herkunft“ hat, wird an die Ränder der Stadt verdrängt – er oder sie wird unsichtbar gemacht.

Wohnraum besetzen, bewohnen, vergesellschaften!

Nicht nur auf den Straßen der Viertel wird die soziale Spaltung der Stadtbewohner_innen immer deutlicher: Die einen residieren in millionenschweren Villen, die anderen in Bruchbuden, die sie sich vom Mund absparen müssen, und die Menschen, nach denen keiner fragt, in Lagern oder auf der Straße. Wenn Vermieter und Immobilienunternehmen ihre Wohnungen nicht mehr an „ausländisch“ klingende Personen vermieten, wird deutlich, dass auch institutioneller Rassismus den Wohnungsmarkt prägt. Deshalb reicht es nicht, ein paar tausend neue Wohnungen zu bauen. Wir müssen die kapitalistische Organisation des Wohnraums grundlegend in Frage stellen! Für uns heißt das zum Beispiel, Häuser und Wohnungen als Allgemeingut zu begreifen, Wohnraum unter die Kontrolle seiner Nutzer_innen zu stellen und neue gesellschaftliche Regelungen zur Vergabe von Wohnraum jenseits von Markt und Staat zu entwickeln.

ESSO-Häuser: United we stand – divided we fall!

Ein weiteres Beispiel dieser profitorientierten Logik des Wohnungsmarktes sind die ESSO-Häuser auf St. Pauli. Jahrzehntelang wurden die Häuser nicht instand gesetzt, nun verhandelt die Politik hinter verschlossenen Türen über den Abrissantrag der Bayerischen Hausbau. Der Widerstand für den Erhalt und die Sanierung der Häuser plus des Gewerbes und gegen den Bau hochpreisiger Wohnungen und Eigentumswohnungen ist vielfältig und hat bislang erreicht, dass die Mieter_innen das Viertel nicht verlassen müssen. Aber, es geht ums Ganze! Wer entscheidet eigentlich darüber, was mit dem Gelände passiert? Deshalb: Beteiligung und Transparenz jetzt! Die Auseinandersetzung ist noch längst nicht vorbei und zeigt, dass es bei diesem Konflikt um weit mehr als nur um die ESSO-Häuser geht.

Ihre Sicherheit ist nicht die unsere!

Der ökonomische Irrwitz, der sich entlang dieser und anderer Risse durch die Stadt zieht, verlangt nach Sicherheit für ihre Profiteure. Wer nicht freiwillig aus seinem Wohnraum auszieht, wird mit Repressalien überzogen, durch die Justiz individualisiert und zwangsgeräumt. Wer fremd erscheint, wird durch Racial Profiling eingeschüchtert und kriminalisiert, ganze Gefahrengebiete eingerichtet, um Persönlichkeitsrechte zum Schutz dieser Menschen auszuhebeln. Die Abschottung der Grenzen der EU und Deutschlands wendet sich explizit gegen die ‚Überflüssigen‘ und ‚Entrechteten‘, deren Leid durch die Wirtschafts- und Außenpolitik der westlichen Länder erst mit verursacht wurde. Frontex und Eurosur verhindern nicht das Ertrinken von Menschen: Abschottung und Abwehr sind die alleinigen Ziele dieser militärisch angelegten Abwehrmechanismen. Haben die Geflüchteten es doch nach Europa geschafft, werden sie durch die Dublin-Verordnungen auf eine zweite Flucht durch den Kontinent gezwungen.

Beides, Stadt- und Migrationspolitik, folgen derselben ökonomischen Logik. Darum sind wir der Überzeugung, dass sich auch die Kämpfe um die Städte mit dem Kampf um globale Bewegungsfreiheit verbinden müssen. Deshalb protestieren wir am 21. Dezember dafür, dass alle Menschen in dieser Stadt – ob mit oder ohne Pass – selber entscheiden können, wo und wie sie leben möchten.

Die Stadt gehört allen!
Weg mit Dublin II+III, Frontex und Eurosur! Fluchtwege nach Europa öffnen!
Keine Profite mit der Miete! Wohnraum vergesellschaften! Flora und Esso-Häuser bleiben!

Unterstützer_innen:
AK*Kate; Arbeitskreis Umstrukturierung Wilhelmsburg; Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AG/R); Assoziation A; Avanti – Projekt undogmatische Linke; Bündnis Mietenwahnsinn stoppen; Café Creisch (Uni Hamburg); Dachverband autonome Wohnprojekte Hamburg; FelS – Für eine linke Strömung; Filmclub Moderne Zeiten – Hafenvokü; FSR Germanistik (Uni Hamburg); FSR Sozialwissenschaften (Uni Hamburg); Gängeviertel e.V.; Initiative Esso-Häuser; Interventionistische Linke (iL); Leerstandsmelder Hamburg; Medibüro Hamburg; Nachbarschaftstreffen Holstenstraße; Netzwerk für den Erhalt des Sternschanzenparks; Ragazza e.V.; Schwabingradballett; SDS Hochschulgruppe (Uni Hamburg); SOS St. Pauli; Sprachraum/Café Exil; T-Stube (Uni Hamburg); ver.di Jugend Hamburg; Plenum des Wagenplatzes Zomia; Wohnprojekt Gure Etxea, Wohnprojekt Villa Magdalena K.

Wenn ihr den Aufruf als Gruppe unterstützen möchtet, dann meldet euch unter folgender Mailadresse: [email protected]

http://mietenwahnsinn.rechtaufstadt.net/aktuell/aufruf-recht-auf-stadt-kennt-keine-grenzen

Share and Enjoy:

flattr this!

]]>
/2620/feed/ 0
Remember Cemal K. Altun /remember-cemal-k-altun/ /remember-cemal-k-altun/#comments Fri, 23 Aug 2013 15:34:43 +0000 http://rassismustoetetkampagne.blogsport.eu/?p=2539 Gedenken an einen politischen Flüchtling, der Zuflucht suchte und den Tod fand

Auf den Cemal Kemal Altun Plätzen und Mahnmalen
CKA

30.08.2013, 16.00 Uhr:
Gedenkkundgebung
Hardenbergstraße 21, (Bahnhof Zoo)
Berlin-Charlottenburg

von Rassismus tötet, Initiative gegen Abschiebehaft, Flüchtlingsrat Berlin, Internationale Liga für Menschenrechte, Proasyl

30.08.2013, 16.00 Uhr:
Gedenkkundgebung
Kemal-Altun-Platz, Kassel
Am Kulturzentrum Schlachthof

31.08.2013, 14.00 Uhr
Internationales Kulturfest
Kemal-Altun-Platz
Hamburg-Ottensen

Am 30.08.1983 stürzte sich der politische Flüchtling Kemal Cemal Altun aus dem Fenster des Berliner Verwaltungsgerichts aus Angst vor der Auslieferung an die türkische Militärdiktatur in den Tod. Er war der erste politische Flüchtling in Deutschland, der sich selbst tötete, weil er die Auslieferung an seinen Verfolgerstaat befürchten musste. Dieser Tod hat sich in das kollektive Gedächtnis der kritischen Öffentlichkeit eingebrannt.
Gedenken wir Cemal K. Altun – und führen wir uns zugleich die andauernde Unmenschlichkeit und ungebrochene Brutalität des Staates gegen Schutzsuchende vor Augen.
Nach dem Militärputsch in der Türkei floh Cemal K. Altun wie viele weitere linke Aktivist_innen ins Ausland. Als ihm der Mord an einem Anführer der faschistischen „Graue Wölfe“ angehängt wurde, beantragte er Asyl in der BRD. Doch der Berliner Staatsschutz verriet seinen Aufenthaltsort an die türkische Diktatur.

Cemal K. Altun war unbestreitbar ein politischer Flüchtling. Doch über das deutsch-türkische Auslieferungsabkommen für Straftäter bestand die konkrete Gefahr, dass der deutsche Staat die Auslieferung politischer Dissident_innen an die Militärdiktatur durchführte. Der erste Auslieferungsversuch konnte durch massive Proteste verhindert werden. Doch der deutsche Staat klagte nicht nur gegen Cemal K. Altuns Flüchtlingsstatus, sondern ließ sich von der türkischen Militärdiktatur „zusichern“, dass er nach Verbüßung einer Strafe nach Deutschland zurückkehren könne. Noch vor dem Beginn seiner Verhandlung vor dem Berliner Verwaltungsgericht wurden die ersten Aktivist_innen an ihre Verfolger_innen ausgeliefert. Der deutsche Innenminister versprach persönlich seine Auslieferung. Der deutsche Staat nahm offenbar Cemal K. Altuns Folterung und Tod sehenden Auges in Kauf. Ohne Vertrauen auf den Erfolg seines Asylverfahrens, sprang er vor Beginn der Verhandlung aus dem Fenster des Gerichtsgebäudes.

Nach seinem Tod erkannte das Gericht posthum seinen Status als politisch Verfolgter an, doch das Recht auf Asyl nutzte Cemal nichts. Es wurde außer Kraft gesetzt, um Realpolitik zu vollziehen. Sein Fall steht exemplarisch für die unmenschliche deutsche Abschiebepolitik. Während sein Schicksal im öffentlichen Fokus stand, wurden hunderte weitere Menschen abgeschoben.
Sein Tod brachte kein Umdenken in der Politik, im Gegenteil, seitdem wurde das Grundrecht auf Asyl immer weiter eingeschränkt, bis es 1993 faktisch abgeschafft wurde. Im Rahmen der seit den späten 70ern laufenden Kampagne gegen das Asylrecht wurden die Methoden der Abschiebung weiter verschärft. Der dadurch beförderte Rassismus in Teilen der Bevölkerung führte zu einer Welle von Pogromen, zu den brennenden Häusern in Mölln und Solingen bis hin zu den Morden des NSU und deren staatlicher Unterstützung.

Seit 1983 ist eine Vielzahl weiterer Flüchtlinge durch Abschiebemaßnahmen zu Tode gekommen oder seelisch und körperlich verletzt worden. Tausende Menschen sind beim Versuch, Schutz in Europa zu finden, ums Leben gekommen oder haben sich in den europäischen Abschiebehaftzentren selbst getötet.

Wir möchten am 30.August, dem bundesweiten Aktionstag gegen Abschiebungen, an ihn und an all diejenigen erinnern, die durch die unmenschliche Asylpolitik Deutschlands zu Tode und zu Schaden gekommen sind.

Nach dem Tod von Cemal K. Altun benannten Menschen an vielen Orten selbstorganisiert öffentlich.e Plätze um. Wir rufen auf, sich an diesen Plätzen zu versammeln. In Berlin treffen wir uns an der Todesstelle Cemal K. Altuns vor dem ehemaligen Gerichtsgebäude.
In Erinnerung an den Tod von Cemal K. Altun vor 30. Jahren wollen wir auf die tödlichen Folgen der BRD Abschiebepolitik Aufmerksam machen.

Download Plakat

Download Flyer

Download Flyer Kassel

flattr this!

]]>
/remember-cemal-k-altun/feed/ 0
[B] Rassitische Angriffe auf Flüchtlingsunterkunft verhindern! /b-rassitische-angriffe-auf-fluechtlingsunterkunft-verhindern/ /b-rassitische-angriffe-auf-fluechtlingsunterkunft-verhindern/#comments Tue, 20 Aug 2013 19:57:42 +0000 http://rassismustoetetkampagne.blogsport.eu/?p=2532 Seitdem die Pläne des Berliner Senats bekannt wurden, dass im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf eine Flüchtlingsunterkunft eingerichtet werden soll, wird breite Hetze gegen Geflüchtete betrieben. Nachdem die sog. “Bürgerinitiative Marzahn-Hellerdorf” anfangs versuchte bürgerfreundlich für ihr “Nein zum Heim” zu argumentieren, zeigte sich bereits in einer Bürgersprechstunde zur Einrichtung der Unterkunft, dass dies nur Fassade ist. Mit rassistischer Hetze schaukeln hier Berliner Nazikader eine regelrechte Pogromstimmung hoch. An der Unterkunft geben sich nun NPD, Bürgerini und ProDeutschland die Klinke in die Hand. Bereits vor dem Einzug der neuen Bewohner_innen am Montag, 19.08., lief die selbsternannte Bürgerwehr Streife. Die Bewohner_innen stehen unter akuter Gefahr. Durch eine permantene Mahnwache konnte bisher schlimmeres verhindert werden. Die Mahnwache braucht dringend Unterstützung! Alle Leute sind aufgerufen zur Mahnwache in der Carola-Nehrer-Straße zu kommen! Rassist_innen die Stirn bieten – diesen Mittwoch wieder ein guter Anlass:

flattr this!

]]>
/b-rassitische-angriffe-auf-fluechtlingsunterkunft-verhindern/feed/ 0
Demonstration/Kundgebungen anlässlich des Auftaktes des NSU Prozesses /wir-unterstutzen-den-aufruf-fur-eine-kritische-begleitung-des-nsu-prozesses/ /wir-unterstutzen-den-aufruf-fur-eine-kritische-begleitung-des-nsu-prozesses/#comments Fri, 29 Mar 2013 21:39:36 +0000 http://rassismustoetetkampagne.blogsport.eu/?p=2198 Es wird eine gemeinsam e Busanreise aus Berlin geben | Bustickets erhaltet ihr während der Infoveranstaltungen zum NSU – Prozessauftakt | Termine Infoveranstaltungen:

27. März | 19 Uhr | Salon der Rosa-Luxemburg- Stiftung | Infos hier & hier
28. März | 20 Uhr | Irving Zola Haus | Ohlauer Str. 12 | Infos hier
05. April | 19:30 Uhr | Nachbarschaftshaus | Urbanstraße 21 |
09. April | 20 Uhr | M29 | Malmöer Str. 29 | mit Referent_innen der antifa nt

weitere bundesweite Infoveranstaltungen auch in deiner Stadt!
gemeinsame Anreise auch aus deiner Stadt!

Aufruf Bündnis
Aufruf der antifa -  nt

Zusammenfassung Demo : Bündnis | Indymedia | Angriff Staatsanwaltschaft | Fotos I | Fotos II |

Kundgebungen am Tag des Prozessbeginns:

>> Der Prozessbeginn wurde auf den 06. Mai 2013 verschoben <<

Di. 16. April | Karlsruhe | Lidellplatz | 18 Uhr | findet statt >> Infos

Mi. 17. April | Bremen | Bahnhofsvorplatz | 17 Uhr >> Info

Mo. 06. Mai | München | Gericht | 8 Uhr | Nymphenburgerstr./Sandstr. >> Info

Mo. 06. Mai | Berlin | Kottbusser Tor | 10 Uhr >> Info

Mo. 06. Mai | Berlin | Bundestag (Platz der Republik) | 12 Uhr

Mo. 06. Mai | Göttingen | Jacobikirchhof | 17 Uhr >> Info

    Gegen Naziterror, staatlichen und alltäglichen Rassismus – Verfassungsschutz abschaffen!

Am 13. April 2013 wird in München der Prozess gegen das NSU-Mitglied Beate Zschäpe sowie vier der Unterstützer beginnen: Ralf Wohlleben, Holger Gerlach, Carsten Schultz und André Eminger.

Ein breites antifaschistisches Bündnis ruft deshalb zu einer bundesweiten Großdemonstration in München am Samstag vor Prozessbeginn auf.

Im November 2011 wurde bekannt, dass die rassistischen und mörderischen Taten der Nazis des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) sieben Jahre lang unter den Augen der Sicherheitsbehörden begangen wurden. Sie haben zehn Menschen ermordet und zwei Sprengstoffanschläge verübt. In den Medien wurde der Begriff „Döner-Morde“ geprägt und die Sonderkommission gab sich den Namen „Bosporus“. Damit schloss die Polizei von Anfang an rassistische Hintergründe der Morde aus, behandelte die Opfer wie Täter und ermittelte in Richtung organisierter „Ausländer-Kriminalität“.

Durch die rassistischen Ermittlungen der Sicherheitsbehörden wurden Familien, Verwandte und persönliches Umfeld der Opfer über Jahre überwacht und akribisch durchleuchtet. Durch den völlig unbegründeten Verdacht gegen das familiäre Umfeld der Opfer wurden soziale Zusammenhänge zerrissen und die persönliche Existenz zahlreicher Menschen zerstört. Der Rassismus von Behörden und Öffentlichkeit vehinderte so zweifach die Aufklärung der Morde: Während die Hinweise auf rassistische Hintergründe ausgeklammert und vernachlässigt wurden, erschien die These, migrantische Gewerbetreibende seien in mafiöse Strukturen verwickelt, der Polizei und einer breiten Öffentlichkeit unmittelbar einleuchtend und erübrigte weiteres Nachfragen.

Fünf der insgesamt zehn NSU-Morde fanden in Bayern statt, zwei davon in München. Zwischen dem „Thüringer Heimatschutz“, in dem die Haupttäter des NSU vor ihrem Abtauchen organisiert waren, und der bayerischen Naziszene bestanden in den 90er Jahren enge Verbindungen. Böhnhardt und Mundlos nahmen an verschiedenen Treffen und Veranstaltungen der Szene in Bayern teil. Einige der engsten Unterstützer_innen des NSU lebten oder leben immer noch in Bayern, u.a. Mandy Struck, deren Identität Beate Zschäpe im Untergrund angenommen hatte. Mit Tino Brandt und Kai Dalek stehen zwei V-Leute des Verfassungsschutzes auch für die Verbindung zwischen der thüringischen und der bayerischen Naziszene.

„Deutschland hat ein riesiges Rassismus-Problem“, sagte Kenan Kolat, Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Anfang November.

Der strukturelle Zusammenhang von Naziterror mit staatlichem und alltäglichem Rassismus in Gesellschaft, Politik und Medien zeigte sich bei der faktischen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl nach den Pogromen Anfang der 90er Jahre wie auch jetzt bei aktuellen Anti-Islam-Kampagnen: Der Rassismus ist tief verankert in der Mitte der Gesellschaft. Dass sich auch nach dieser Mordserie nichts Grundsätzliches im Bewusstsein der Menschen verändert hat, verdeutlichen folgende Beispiele: Zwanzig Jahre nach dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen kämpfen Flüchtlinge immer noch für elementare Menschenrechte in Deutschland, werden Roma stigmatisiert und in eine unsichere Zukunft abgeschoben. Hier lebende Migrant_innen werden täglich diffamiert, bedroht, angegriffen und kriminalisiert.

Die Verharmlosung und Vertuschung von Rassismus und Naziterror hat Tradition in diesem Land. Rechte und rassistische Gewalttaten und Morde haben in Deutschland eine traurige Kontinuität. Die blutige Spur reicht vom bis heute unaufgeklärten Oktoberfestattentat, über die rassistischen Anschläge und Pogrome in Rostock, Mölln, Solingen und Hoyerswerda, über die seit 1989 rund 200 Morde an Migrant_innen, Obdachlosen, Punks und Antifaschist_innen bis hin zu den Morden des NSU.

München war dabei schon viele Male Schauplatz neonazistischen Terrors: Bei dem bisher größten faschistischen Anschlag in der BRD wurden 1980 durch einen Täter aus dem Umfeld der Wehrsportgruppe Hoffmann auf dem Münchner Oktoberfest 13 Menschen getötet und weitere 200 zum teil schwer verletzt. 1981 lieferten sich Neonazis auf dem Weg zu einem Bankraub mit Polizeibeamten in München eine Schießerei, bei der zwei Neonazis starben. 1985 setzten Neonazis der Gruppe Ludwig ein Lokal in der Schillerstrasse in Brand, wodurch eine Person getötet wurde. 2003 beschafften Neonazis aus der Kameradschaft Süd sich Waffen und Sprengstoff und planten u.a. einen Anschlag auf die Grundsteinlegung des neuen jüdischen Gemeindezentrums.

Seit Bekanntwerden der Mordserie des NSU offenbart sich eine erschreckende Politik der Verschleierung: Geschredderte und verheimlichte Akten, konsequentes Vertuschen und Lügen in Untersuchungsausschüssen, wenige, viel zu späte Rücktritte von Verantwortlichen. Eine transparente, schonungslose Aufklärung der Rolle von Geheimdiensten und Polizeibehörden findet bisher nicht statt. Statt ernsthafte politische Konsequenzen zu ziehen gegen Rassismus und die skandalöse Unterstützung des Aufbaus von Nazistrukturen durch Mitarbeiter_innen des (bayerischen) Verfassungsschutzes, reden die verantwortlichen Politiker_innen weiter von vereinzelten Pannen.

Rechte Gesinnung hat beim Verfassungsschutz (VS) Kontinuität: Gegründet im Jahre 1950 mit ehemaligen Nazis sorgte er dafür, dass Widerständler_innen gegen den Nationalsozialismus erneut in deutsche Gefängnisse kamen. In den 60er Jahren bekämpfte er die Student_innenbewegung, in den 70er und 80er Jahren lieferte er das Material für die Berufsverbote linker Aktivist_innen. Vor neun Jahren scheiterten die Pläne für ein NPD Verbot nicht zuletzt daran, dass diese bis in die höchsten Führungsetagen von V-Leuten und Spitzeln des Verfassungsschutzes durchsetzt war. Auch das ummittelbare Umfeld des NSU ist durchsetzt mit V-Leuten aus Verfassungschutz und Polizei.

Deshalb kann die einzige Konsequenz aus der Verstrickung der Behörden nur sein: Verfassungsschutz abschaffen! Wir müssen verhindern, dass die Regierung die NSU-Morde instrumentalisiert, um ihren Sicherheitsapparat weiter aufzurüsten, und damit endgültig eine der wenigen Konsequenzen aus dem deutschen Faschismus – die Trennung von Geheimdiensten und Polizei – rückgängig macht.

Unsere Anteilnahme und Solidarität gilt den Opfern des NSU-Terrors und ihren Angehörigen. Sie wurden nicht nur Opfer des militanten Rassismus der NSU-Täter_innen, sondern auch in der Folge noch durch die rassistischen Ermittlungen der Polizei drangsaliert.

Bekämpfen wir gemeinsam Rassismus in Gesellschaft, Politik und Institutionen!

Entschädigung für die rassistischen und diffamierenden polizeilichen Ermittlungen!

Schonungslose Aufklärung der Verstrickung von Geheimdiensten und Polizeibehörden!

Verfassungsschutz abschaffen!

Neue Ermittlungen zur Aufklärung des Attentats von 1980 in München!

Abschaffung aller rassistischen Gesetze – kein Mensch ist illegal!

Für eine rassismusfreie, solidarische Gesellschaft


flattr this!

]]>
/wir-unterstutzen-den-aufruf-fur-eine-kritische-begleitung-des-nsu-prozesses/feed/ 0
Demo gegen Rassismus und Ausgrenzung /demo-gegen-rassismus-und-ausgrenzung/ /demo-gegen-rassismus-und-ausgrenzung/#comments Tue, 12 Mar 2013 13:04:28 +0000 http://rassismustoetetkampagne.blogsport.eu/?p=2246 Am 06. April wird es in Hamburg eine bundesweite Demonstration gegen Rassismus und Ausgrenzung geben.

Zusammenfassung der Demonstration | StopItKampagne | Pressemitteilung | Fotos | weitere Fotos |

gemeinsame Zuganreise aus Berlin  am 06.04 | Bhf Alexanderplatz | Treff 9:00 Uhr | Abfahrt 09:45 Uhr

Auch “Rassismus tötet” unterstützt den Aufruf des Bündnis “Hamburg gegen Rassismus” :

Alltäglicher Rassismus
Rassismus ist in Deutschland ständig präsent. Er geht nicht nur von einzelnen (Neo)Nazis aus, sondern ist fest in der Gesellschaft, der Politik, den Medien und der Wissenschaft verankert. Diskriminierenden Begriffe, die z.B. Menschen auf ihre wirtschaftliche Verwertbarkeit reduzieren und die kulturrassistische Gleichsetzungen des Islam mit „Ehrenmorden“ oder „Terrorismus“, tragen zu einem feindlichen gesellschaftlichen Klima bei, das in offener Gewalt, wie in den Brandanschlägen von Rostock-Lichtenhagen oder den NSU-Morden, seine Zuspitzung findet.

Staatlicher Rassismus kriminalisiert, grenzt aus und tötet
Eine ganze Palette von rassistischen Sondergesetzen stempelt Asylbewerber*Innen zu Menschen zweiter Klasse ab. Sie werden in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, man zwingt sie in Lagern zu leben, sie dürfen die ihnen zugewiesenen Orte nicht verlassen (Residenzpflicht), man verweigert ihnen das Recht auf Arbeit und beschneidet ihr Recht auf Bildung, Sozialleistungen, medizinische Hilfen usw. Hinzu kommt die allgegenwärtige und zermürbende Bedrohung durch Abschiebung und die Inhaftierung in Abschiebeknästen.

Grundrecht auf Asyl?
Vor 20 Jahren wurde durch eine Verfassungsänderung das Grundrecht auf Asyl quasi abgeschafft. Ein Recht auf Asyl haben demnach nur noch Menschen, die nicht über einen sogenannten sicheren Drittstaat nach Deutschland gekommen sind, was fast nur mit einem Flugzeug möglich ist. Deutschland schottet sich damit immer mehr gegen Flüchtlinge ab, anstatt sich zu einer Mitverantwortung für viele Fluchtursachen zu bekennen.

Festung Europa
Der Angriff auf Flüchtende fängt aber bereits an, bevor sie Deutschland und Europa überhaupt erreicht haben: Seit 1993 führt die EU an ihren Außengrenzen einen nicht erklärten Krieg gegen Flüchtlinge und Migrant*Innen, dem laut UNHCR 16.000 Menschen zum Opfer fielen. Allein 2011 haben über 2.000 Bootsflüchtlinge im Mittelmeer ihr Leben verloren – und das sind nur die offiziellen Zahlen. Die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX kontrolliert im Verbund mit Militär und Polizei durch monströse Zaunanlagen, High-Tech-Überwachung, Abschiebeknäste und Dauereinsätze die EU-Außengrenzen und das Mittelmeer. Verweigerungen von Rettungsmaßnahmen gegenüber Schiffbrüchigen belegen, dass das »Sterben lassen« offensichtlich zur EU-Abschreckungsstrategie gehört. Doch das Menschenrecht auf Bewegungsfreiheit kann nicht genommen werden, lediglich das Leid wird größer.

Nutzen des Rassismus für den Kapitalismus
Für die Herrschenden in Politik und Wirtschaft ist Rassismus durchaus nützlich: Außenpolitisch dient er geostrategischen und militärischen Interessen. Mit rassistischen Feindbildern wird der Eindruck der ständigen Bedrohung – und so die Zustimmung der Bevölkerung zur deutschen Kriegspolitik – geschaffen. Nach innen sichert rassistische Ideologie das System ab und vernebelt die Ursachen sozialer Ungerechtigkeit: Berechtigter Unmut in der Bevölkerung wird so nicht zu Protest gegen die Klassengesellschaft, sondern sucht sich rassistisch „Sündenböcke“. Die Spaltung in „wir“ und „die Anderen“ legitimiert außerdem die verschärfte Ausbeutung von Migrant*Innen, die Einführung von Überwachungsmaßnahmen, (rassistische) Kontrollen usw.

Rassismus geht alle an
Dass Rassismus schon seit langem auf den Müllhaufen der Geschichte gehört, ist klar. Doch Rassismus reproduziert sich auch deshalb immer wieder, weil er nicht nur Menschen diskriminiert, sondern gleichzeitig anderen auch Privilegien verschafft. Vorurteile beeinflussen alltägliche Entscheidungen: Wo z.B. Menschen wegen ihres vermeintlich nicht deutschen Namens keine Wohnung bekommen, profitieren andere. Der Kampf gegen Rassismus geht also alle etwas an und muss auf allen Ebenen geführt werden. Jede*r kann bei sich anfangen, rassistische Sprache, Vorurteile und rassistisches Handeln zu erkennen und zu ändern.

Hamburg – das Tor zur Welt?
Hamburg gibt sich als weltoffene Stadt (und Tor zur Welt). So verkündete der Bürgermeister Scholz zum Naziaufmarsch am 2.6.2012 wie tolerant Hamburg doch sei.
Dabei ist es die SPD, die trotz vorheriger Kritik als Oppositionspartei den am 30.09.2012 ausgelaufenen Vertrag für das Erstaufnahmelager in Horst verlängert und sogar erweitert hat. Das ist ein abgelegenes Lager für ankommende Asylbewerber*Innen in Mecklenburg-Vorpommern. Den Menschen dort ist der Zugang zu Beratungsstellen, Anwält*Innen, Krankenhäusern oder zu einer vernünftigen Schulbildung nahezu unmöglich. Sie sollen vom Rest der Gesellschaft isoliert werden.
Auch im Umgang mit Roma, welche seit Jahrhunderten verfolgt werden und während des deutschen Faschismus systematisch ermordet wurden, zeigt die Stadt Hamburg unmenschliche Härte. So finden selbst im Winter Abschiebungen ganzer Familien nach Serbien, Mazedonien und in den Kosovo statt, wo Roma sich struktureller Diskriminierung und immer öfter auch rassistischer Gewalt gegenübersehen. 2011 und 2012 wurden aus Hamburg insgesamt 256 Menschen (fast nur Roma) nach Serbien und Mazedonien abgeschoben. Über 400 Menschen wurden zur sogenannten „freiwilligen Ausreise“ gezwungenen. Und selbst die 13 Hamburger Roma-Familien, die 2011/12 gemeinsam für ihren Aufenthalt gekämpft haben – unter anderem durch Petitionen an die Hamburger Bürgerschaft – wurden (bis auf eine Familie) alle zur Ausreise gezwungen oder abgeschoben.

Rassimus bekämpfen – Solidarität mit dem refugee strike!
Es gibt jedoch auch immer wieder Menschen, die sich der rassistischen Normalität widersetzen und für ein besseres Leben eintreten. In der Bewegung für die Verteidigung der Rechte von Geflüchteten haben sich z.B. Menschen aus verschiedenen Ländern zusammengeschlossen, um gegen die unmenschlichen Bedingungen zu protestieren, von denen sie unmittelbar betroffen sind. Die Geflüchteten setzen sich für Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit ein. Wir unterstützen ausdrücklich die Forderungen dieser Proteste!

– Den Stopp aller Abschiebungen
– Die Abschaffung der Residenzpflicht
– Die Abschaffung der Lagerpflicht und die Schließung aller
Isolationslager!
– Die Anerkennung aller Asylsuchenden als politische Geflüchtete

Wir lassen uns nicht spalten! – Gemeinsam kämpfen wir für eine solidarische Gesellschaft, frei von jeglicher Form des Rassismus! Wir wollen eine Welt, in der Menschen und ihre Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen, nicht Profite und Machtinteressen!

flattr this!

]]>
/demo-gegen-rassismus-und-ausgrenzung/feed/ 0
[LE] Filmvorführung: „Revision“ /le-filmvorfuhrung-„revision“/ /le-filmvorfuhrung-„revision“/#comments Mon, 14 Jan 2013 12:12:44 +0000 http://rassismustoetetkampagne.blogsport.eu/?p=2182 23.01.2013 | Leipzig | Filmvorführung: „Revision“
20.00 Uhr | Cineminémathèque in der naTo | Karl-Liebknecht-Str. 48
mit anschließender Diskussion mit dem Regisseur Philip Scheffner.

Veranstalter*innen: “Rassissmus tötet!” – Leipzig & Cinémathèque Leipzig

Dokumentarfilm „Revision“
(BRD 2012, OmU, Dok, 106 min)

Am 29. Juni 1992 entdeckt ein Bauer zwei Körper in einem Getreidefeld in Mecklenburg-Vorpommern. Ermittlungen ergeben, dass es sich bei den Toten um rumänische Staatsbürger handelt. Sie werden bei dem Versuch, die europäische Außengrenze zu überschreiten, von Jägern erschossen. Diese geben an, die Menschen mit Wildschweinen verwechselt zu haben. Vier Jahre später beginnt der Prozess. Welcher der Jäger den tödlichen Schuss abgegeben hat, lässt sich nie beweisen. Das Urteil: Freispruch. dpa meldet: „Aus Rumänien ist niemand zur Urteilsverkündung angereist.“
In den Akten stehen die Namen und Adressen von Grigore Velcu und Eudache Calderar. Ihre Familien wussten nicht, dass jemals ein Prozess stattgefunden hat.
Mit REVISION wird ein juristisch abgeschlossener Kriminalfall einer filmischen Revision unterzogen, die Orte, Personen und Erinnerungen miteinander verknüpft und ein fragiles Geflecht aus Versionen und Perspektiven einer „europäischen Geschichte“

Der Film läuft auf Deutsch, Englisch und Rumänisch mit deutschen Untertiteln in der naTo. Es wird eine 35mm-Kopie projiziert.

Die Veranstaltung ist Auftakt der kritischen Auseinandersetzung mit der faktischen Abschaffung des Grundrechtes auf Asyl in Deutschland, das sich 2013 zum 20. Mal jährt.

flattr this!

]]>
/le-filmvorfuhrung-„revision“/feed/ 0
[LE] Vortrag: Fortress Europe – Das europäische Grenzregime verändert sich /le-vortrag-fortress-europe-–-das-europaische-grenzregime-verandert-sich/ /le-vortrag-fortress-europe-–-das-europaische-grenzregime-verandert-sich/#comments Sun, 13 Jan 2013 12:21:22 +0000 http://rassismustoetetkampagne.blogsport.eu/?p=2187 16.03.2013 | Leipzig | Vortrag: Fortress Europe – Das europäische Grenzregime verändert sich: Eine politische Bestandsaufnahme über Grundlagen, Mythen und Kämpfe
19.00 Uhr | Fischladen | Wolfgang-Heinze-Str. 22

Referent*innen: Initiative Grenzenlos | Veranstalter*innen: “Rassismus tötet!” – Leipzig

In vielen politischen Diskursen wird die EU als Festung beschrieben, doch so elektrisierend das Symbol der Festung Europa auch ist, die Festung verändert sich, das Bild wird brüchig. Die Mauern bewegen sich, haben Schlupflöcher und Korridore. Postkoloniale Herrschaftsstrukturen materialisieren sich durch Sicherheitsabkommen zwischen EU-Mitgliedsstaaten und Transitstaaten. Nationalstaaten und auch die Europäische Union produzieren Identitätsmuster, welche notwendigerweise Menschen (rassistisch) ausschließen. „Verwertbare Migrant*innen“ werden angeworben und geduldet, scheinbar „nicht verwertbare Migrant*innen“ illegalisiert und kriminalisiert.
Desweiteren wird auf der einen Seite eine neoliberale Öffnung betrieben, die einen freien Warenverkehr sicherstellt, und auf der anderen Seite wird versucht, Migrationsbewegungen zu „managen“ .
Auch die sozialen Kämpfe gegen die Festung verändern sich, sie sind schon lange selbstermächtigt und sie intensivieren und vernetzen sich zunehmend. Das bemerkt auch die europäische Bevölkerung und delegitimiert zumeist diese Kämpfe.

Viel inhaltlicher Stoff für einen langen Diskussionsabend – Noch Fragen? Wir auch!
Zusammen kriegen wir die Festung doch auseinandergenommen, oder?
Der Vortrag soll einen Einstieg in die Thematik ermöglichen, aber auch eine inhaltliche Vertiefung im Bezug auf blinde Flecken, Veränderungen und Kämpfe beinhalten.

Still fighting Fortress Europe!

flattr this!

]]>
/le-vortrag-fortress-europe-–-das-europaische-grenzregime-verandert-sich/feed/ 0
[HH] Infoveranstaltung zum rassistischen Mord an Ramazan Avci /hh-infoveranstaltung-zum-rassistischen-mord-an-ramazan-avci/ /hh-infoveranstaltung-zum-rassistischen-mord-an-ramazan-avci/#comments Fri, 07 Dec 2012 23:36:41 +0000 http://rassismustoetetkampagne.blogsport.eu/?p=2141

Am 21.12.1985, vor 27 Jahren, wurde Ramazan Avci am S-Bahnhof Landwehr in Hamburg von Nazis angegriffen und ermordet.
Dieses Ereignis ging in die Nachkriegsgeschichte als einer der ersten rassistischen Morde in Deutschland ein. Zuvor wurden in Hamburg Tevfik Gürel (1982) und am 24.07.1985 Mehmet Kaymaci bei rassistischen Angriffen getötet. Nach Ramazan Avci’s Ermordung erlebte Deutschland eine der größten antirassistischen Demonstrationen. Außerdem organisierten sich vor allem migrantische Jugendliche zur Selbstverteidigung gegen die Nazi-Skins, die damals auch in Hamburg sehr präsent waren und von der Politik und Justiz ignoriert oder geduldet wurden.

Damit Ramazan Avci und die vielen weiteren von Nazis/Rassisten Ermordeten niemals vergessen werden, findet am 13.12.2012 um 19:00 Uhr im Café Knallhart (Uni Hamburg, ex-HWP) eine Informationsveranstaltung statt. An diesem Abend wollen wir gemeinsam mit der Familie Avci, sowie einem Zeitzeugen und Nebenkläger des Ramazan Avci Prozesses und anhand von Archivmaterial einen Blick zurück werfen. Außerdem wird die Ramazan Avci Initiative sich und ihre Arbeit vorstellen.

Wir weisen ausdrücklich auf die am 19.12.2012 (ab 17:00 Uhr) am Ramazan-Avci-Platz (S-Landwehr) stattfindende Gedenkveranstaltung hin und rufen dazu auf, sich dort zahlreich zu beteiligen.
Wir wollen Ramazan Avci gedenken und uns mit seiner Familie solidarisieren.

Kein Vergeben! Kein Vergessen!

Infoveranstaltung:
13. Dezember 2012 | 19 Uhr | Café Knallhart | Von-Melle-Park 9 | Uni Hamburg

Gedenkveranstaltung:
19. Dezember 2012 | 17 Uhr | Ramazan-Avci-Platz (Bahnhofsvorplatz S-Landwehr) | Hamburg

Organisiert von: Ramazan Avci Initiative, Café Knallhart, ATESH

flattr this!

]]>
/hh-infoveranstaltung-zum-rassistischen-mord-an-ramazan-avci/feed/ 0
Aufruf: Nazis aus der Deckung holen! – Keine Ruhe den rechten Tätern! /1284/ /1284/#comments Thu, 30 Aug 2012 18:49:17 +0000 http://rassismustoetetkampagne.blogsport.eu/?p=1284 Nazis aus der Deckung holen!
Keine Ruhe den rechten Tätern!

Demo: gegen Arnulf Priem
14. September 2012, 18 Uhr, U-Bhf. Turmstraße

…eine lange Tradition des Wegschauens.

13 Jahre zieht eine rechte Terrorzelle durchs Land, verübt Anschläge und erschießt Menschen – gedeckt durch Sicherheitsorgane und von Medien und Ermittlungsbehörden rassistisch als „Millieukonflikt“ heruntergespielt.
Nach dem Auffliegen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) war die Rede von einer neuen Qualität“ des rechten Terrors . Der Blick auf den NSU, dessen Ziehväter und Unterstützer_innen, sowie das Verhalten des Staates machen deutlich: es gibt in Deutschland keine „neue Qualität“ des neonazistischen Terrors, sondern eine lange Tradition des Wegschauens, Leugnens und des Verharmlosens.

Nicht erst im Fall des NSU öffnete der Staat seine Schleusen nach rechts. Bereits in den 1990ern ließ er den Volksmob gewähren und übergab ihm das Gewaltmonopol – mit einem Ziel: der faktischen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl. Nach Jahren rassistischer Hetze durch Politik und Medien versammelten sich in Rostock-Lichtenhagen im August 1992 rund 3000 Menschen. Zum Gaffen, Klatschen oder Mitmachen, als es darum ging, Migrant_innen anzugreifen. In dem Moment, in dem in Lichtenhagen Brandsätze in die Wohnunterkünfte von rumänischen Asylbewerber_innen und vietnamesischen Vertragsarbeiter_innen flogen, ging die Saat des Staates auf. Mit der zynischen Begründung, die Deutschen seien von der „Asylantenflut“ „überfordert“, beseitigte der Bundestag im Dezember desselben Jahres letzten Endes das Grundrecht auf Asyl. Dies bestätigte die Rassist_innen in ihrer Meinung, politische Veränderungen durch blanken Terror herbeiführen zu können. Diese Überzeugung wurde der Neonazi-Generation „Rostock“ vermittelt, und in dieser Überzeugung machten sie danach weiter, von dem Brandanschlag in Mölln bis zum letzten NSU-Mord. Rostock war die Initialzündung für eine rechte Gewaltwelle, die die gesamten 90er Jahre andauerte und hunderte Tote forderte.

Die überwiegende Mehrheit der Verantwortlichen des rechten Straßenterrors der 90er vertritt auch heute ihre Ideologie. Einige genießen ungestört ihren „politischen Ruhestand“, andere wiederum sind bis heute aktiv. Anlässlich des 20. Jahrestages des Pogroms von Lichtenhagen rufen wir darum für den 14. September 2012 zu einer Demonstration in Berlin-Moabit auf – gegen Arnulf Priem, einen der Drahtzieher des rassistischen Pogroms.

Für die rassistischen Täter in der Politik und im neonazistischen Spektrum darf es darum keine Ruhe geben!

Straßenterror und Pogrome

Begünstigt durch die rassistische Stimmung, der „Asyl-Debatte“, witterte die radikale Rechte ihre Chance. Bereits im Juni 1992 tauchten in Lichtenhagen Flugblätter der NPD-Organisation „Hamburger Liste für Ausländerstopp“ (HLA) auf, in denen die Anwohner_innen zum „Widerstand gegen die Ausländerflut“ aufgefordert wurden. Am 23. August, als sich die rassistische Gewalt zuspitzte, war bereits in den frühen Morgenstunden die gesamte Führungsriege der bundesdeutschen Neonaziszene zu gegen [01].

Während der Angriffe wurde unter anderem auch der Hamburger Neonaziführer Christian Worch (Nationale Liste – NL, Hamburg) gesichtet, wie er per CB-Funk Anweisungen an die Angreifer_innen gab. Auch Arnulf Priem wurde unter den Kadern klar identifiziert. Priem hatte bereits vor August, als Vorsitzender seiner „Organisation“ „Wotans Volk“ an Vorbereitungstreffen für das Pogrom teilgenommen. Bereits Monate zuvor hatte die HLA zu Treffen in Hamburg geladen, an denen neben „Wotans Volk“, Führer der NL, der „Freiheitlichen Arbeiter Partei“ (FAP), der Republikaner, und Naziskin-Gruppen teilnahmen [02]. Das letzte Treffen fand zwei Wochen vor der rassistischen Gewalteskalation, vor Ort in Rostock statt.

Arnulf Priem kann klar als einer der neonazistischen Drahtzieher der Anschläge von Rostock benannt werden. „Ich bin nicht der letzte, der da mitmacht, dass wir den Prozess stetig in Gang halten.“ schmetterte Priem auf dem Parteitag der „Deutschen Alternative“ (DA) in Cottbus 1992 dem „Sieg heil!“ brüllenden Publikum entgegen. Gemeint war das Pogrom von Hoyerswerda, von dem er behauptete, es sei ein „heilender Selbstreinigungsprozess des deutschen Volkes“ gewesen. Die Stadt Hoyerswerda wurde 1991 zur ersten „befreiten nationalen Zone“ erklärt. Der „Erfolg“ spornte die Neonazis zu weiteren Brandanschlägen auf Flüchtlingsheime und Unterkünfte von Migrant_innen an und verschaffte der Szene regen Zulauf.
In den Pogromen, ihren medialem Echo und ihrer Wirkung auf die Gesellschaft sahen die Führungskader auch die Medienstrategie des damaligen Neonaziführers Michael Kühnens der öffentlichkeitswirksamen Eskalation erfüllt.

————————————————————————-
Priem im Auftrag Kühnens

Bereits in den frühen Jahren seines politischen Wirkens war Priem ein Vertrauter von Michael Kühnen. Dieser war Vordenker und zentrale Figur der sich neu formierenden Rechten. Die Gro der Konzeptionen zur Organisierung und Verbreitung und Strategie der Rechten in den 90igern stammten aus seiner Feder.

Priem selbst kommt aus der ehemaligen DDR und wurde schon 1965 wegen rechter Umtriebe und sexuellem Missbrauch zu mehreren Jahren Haft verurteilt. Drei Jahre später kaufte ihn die BRD als „politischen Häftling“ frei.
1974 gründete er in Freiburg die „Kampfgruppe Priem“, eine für die damalige Wehrsportgruppen-Organisierung der militanten Rechten typische Erscheinung. Die „Kampfgruppe“ überfiel mehrfach Linke, u.a. im März 1975 mit Fahrradketten und Tränengas bewaffnet in einem Freiburger Kino, als Antifaschist_innen gegen den kriegsverherrlichenden Film „Europa in Flammen“ protestierten. [3], am 19. September desselben Jahres griffen 15 Mitglieder der Gruppe eine Anti-Franco-Kundgebung vor dem spanischen Generalkonsulat in Frankfurt an. Mehrfach wurde Arnulf Priem wegen Mahnmal- und Friedhofschändungen durch Hakenkreuzschmierereien festgenommen, erhielt aber nur geringe Strafen.

Auf Geheiß Kühnens baute Priem ab 1977 in Berlin die Ortsgruppe „Reichshauptstadt“ der illegalen NSDAP/AO (NSDAP-Aufbauorganisation) [4] auf, dessen „Aktionsführer“ er wurde. Seine „Kampfgruppe“ ließ er in der NSDAP aufgehen, dennoch existierte sie unter dem Namen „Wotans Volk“ weiter. Ab 1990 organisierte Priem für Kühnen den Berliner Block (DB). In ihm waren „Wotans Volk“, die „Deutsche Alternative“ (DA), dessen Landesvorsitz er innehielt, und seine Ziehorganisation, die Ostberliner „Nationale Alternative“ (NA) vereinigt. Er betreute das von Neonazis besetzte Haus in der Weitlingstraße in Berlin-Lichtenberg. Über derartige Vernetzungspunkte wurde das Konzept der „national befreiten Zonen“ von der Zentrale ausgegeben und dezentral umgesetzt.
1991 verstarb Kühnen und hinterließ die Aufgabe, seine Konzepte zu verwirklichen, seinen engsten Vertrauten, dem sogenannten „Führungsquartett“. Diese bestand aus Priem, Christian Worch, Gottfried Küssel (Volkstreue Außerparlamentarische Opposition VAPO, Österreich) und Heinz Reisz (FAP, Langen). Sie waren die Hauptkader der Dachorganisation „Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front“ (GdNF), die das Vorgehen der einzelnen oben genannten Organisationen bestimmte und koordinierte.

————————————————————————-

Fanatisierung bis hin zum Mord

Zu Kühnens Erbe gehörte auch der „Arbeitsplan Ost“. Der sog. Arbeitsplan sah Angriffe auf Migrant_innen und Antifaschist_innen als wichtigen Bestandteil zur Durchsetzung rechter Vorherrschaft im Osten Deutschlands vor. Mit der Durchführung des „Arbeitsplans Ost“ war in Berlin Arnulf Priem betraut worden, zu dessen Umsetzung auch die gezielte Anwerbung junger Menschen gehörte. Priems Spezialgebiete, die germanische Rassenlehre und die Rekrutierung von Jugendlichen, kamen ihm deshalb besonders nach dem Mauerfall zugute. Priems Wohnung in der Osloer Straße, in Wedding, wurde in diesen Jahren nicht nur zum Anlaufpunkt für Neonazis aus Ost und West, sondern auch zum rechten Schulungszentrum. Hier unterrichtete Priem rechten Nachwuchs in arischer Rassenlehre, Germanenkunde, Neuheidentum und Antisemitismus. Für die Schulungen in seiner Wohnung wurden externe „Dozenten“ wie der Neonazi Michael Pflanz engagiert. Der traktierte die Priem-Jünger mit Vorträgen über „Bedeutung und Wesen der Frau im Heidentum“ und „Nachrichten über die Goten, Vandalen und Langobarden“ .

Rückblickend lässt sich sagen, dass Priems Wirken sich vor allem dadurch besonders hervorstach, indem es ihm immer wieder gelang, Jung-Neonazis ideologisch und waffentechnisch so aufzurüsten, dass diese vor Mord und Attentat nicht zurückschreckten. Die Finger machte er sich selbst jedoch nicht schmutzig, dies überließ er stets seinen Zöglingen.

So hatte beispielsweise ein Mitglied der „Kampfgruppe Priem“ am 10. Februar 1982 mit einem Kumpanen versucht, den Leiter der Volksbank Mauer und dessen Familie bei Heidelberg als Geisel zu nehmen. Im September 1982 verübten zwei Männer einen Sprengstoffanschlag auf ein von Türk_innen bewohntes Haus in der Weddinger Bellermannstraße. Vor Gericht sagten sie aus, sie hätten sich über die „Kampfgruppe Priem“ kennengelernt.
Priems Zögling Frank Ch. erschoss in der Silvesternacht 1985 den Chef der Berliner Grundkreditbank Ulrich Jahnke. Er wollte den Mann mit drei anderen Kameraden in seiner Villa berauben. Der Neonazi hatte bereits zuvor eine Rentnerin überfallen und so fest geknebelt hatte, dass die Frau erstickte. Frank Ch. war Mitglied des „Freizeitvereins Wotans Volk“

Einer der bekanntesten Fälle dieser Art ist wohl der „Fall Kai Diesner“. Am 19. Februar 1997 verübte Kai Diesner mit einer Pumpgun ein Attentat auf einen linken Buchhändler in Berlin-Marzahn. Auf der Flucht erschoss er bei einer Polizeikontrolle den Polizisten Stefan Grage [5]. Diesner war einer von Priems „Schülern“, regelmäßig lieh er sich Literatur aus dessen Bibliothek. Ab 1991 erschien er ein Mal pro Woche im Wedding, um sich von Priem in Germanenkunde unterweisen zu lassen.

Diesner wie auch Priem gehörten zu diesem Zeitpunkt zum Netzwerk der sogenannten „Anti-Antifa“, die sich die Verfolgung politischer Gegner zur Aufgabe gemacht hatte. Über den Kampf gegen sog. „Volksfeinde“ ergaben sich auch Kontakte ins terroristische Spektrum außerhalb Deutschlands. So unterhielt Priem gute Kontakte zu den österreichischen Rechtsterroristen Peter Binder (VAPO), so wie zu Ekkehard Weil, den Priem u.a. mit Sprengzündern belieferte. Auf das Konto Weils gehen Brandstiftung, Körperverletzung, ein Mordanschlag auf einen russischen Soldaten, so wie Bombenanschläge auf ein jüdisches Kaufhaus in Wien, das Wohnhaus von Simon Wiesenthal, so wie die Parteizentrale der Sozialistischen Einheitspartei (SEW) in Wedding [6] [7]. Als 1993 wegen einer Briefbombenanschlagsserie nach Peter Binder gefahndet wurde [8], versteckte Priem ihn zeitweise in seiner Wohnung. Priem selbst wurde der Beteiligung an der Briefbombenserie verdächtigt, ihm konnte jedoch diesbezüglich nichts nachgewiesen werden.

Ein Hühnerzüchter auf Abwegen

Im August 1994 organisierten Antifa-Strukturen, im Rahmen der „Aktion 94“, bundesweit Aktionen gegen die Kader der Neonaziszene. Ziel war die Verhinderung des Gedenkmarsches für den Hitler-Stellvertreter Rudolf-Heß durch Blockaden der Verantwortlichen des Aufmarsches. Bezüglich Priem, der an der Organisierung des Marsches beteiligt war, war dies auch von Erfolg gekrönt. Er blieb zu Hause und verschanzte sich schwer bewaffnet mit etwa 25 Nazis auf seinem Dach [9]. Von dort aus schossen sie mit einer Präzisionsschleuder Stahlkugeln auf die Demo und auf Journalist_innen.
Bei der darauf folgenden Verhaftung der „Dach-Bande“ wurde neben Waffen auch Sprengstoff sicher gestellt. In Folge dessen musste sich Priem u.a. wegen „Bildung eines bewaffneten Haufens“, illegalem unerlaubten Waffenbesitzes und seinen Äußerungen an dem denkwürdigen DA-Parteitag verantworten [10]. Priem wurde zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, er saß jedoch nur zwei ab und kam dann in den offenen Vollzug. Nach seiner Entlassung, so schwor er, wolle er sich nur noch der Hühnerzucht widmen.

Damit war auch erstmal der Höhenflug seiner politischen Laufbahn unterbrochen. Das Gerücht über eine Zusammenarbeit mit dem Staat und der Vorwurf der Entweihung deutscher Soldatengräber (Ausgrabungen von Wehrmachtsdevotionalien) hafteten fortan seiner Person an. Hinzu kamen die Verbote zahlreicher rechter Parteien, darunter auch die DA und die NA, sowie interne Grabenkämpfe, die auch zu handfesten Auseinandersetzungen und Spaltungen führten. Priem verschwindet in der Versenkung.

Zu Beginn der 00er Jahre gerät er wieder in die Schlagzeilen. Als im Mai 2000 vier junge Neonazis im Berliner Stadtteil Pankow-Buch den Sozialhilfeempfänger Dieter Eich ermorden, steht er ihnen bei Seite. Die Täter (Andreas Ibsch, Thomas Schwalm, Rene Rost, Matthias Kowallik) gehörten ebenfalls zu Priems Adepten. In der Wohnung von Rene Rost hielt der Nationalsozialist und Hobbygermanenkundler Schulungen bei Kameradschaftsabenden ab [11]. Dem Haupttäter Kowallik, vermittelte er seinen Leibanwalt Aribert Streubel, der Priem bereits in den 90ern verteidigt hatte und als gefragter Neonazianwalt gilt [12]

Nazi-Opa halt’s Maul!

Auch wenn es heute scheinbar still um Arnulf Winfried Priem geworden ist, so handelt es sich bei ihm um einen Rechtsterroristen, der in den 1990iger Jahren, zur Hochzeit des Neofaschismus in Deutschland, einen großen Wirkungsgrad erzielen konnte. Priem gehörte zu den gefährlichsten und hochgradig organisierten Neonazi-Kadern jener Jahre der rassistischen Pogrome und Gewalt an Menschen, die nicht in das Herrenmenschen-Konzept von Priem und Seinesgleichen passten.
Er bekleidete hohe Posten in der Neonazi-Szene und war in zahlreiche Fälle von Attentaten, Mord und Todschlag verwickelt.
Er wurde sieben Mal verhaftet, neun Mal wegen diverser Delikte angeklagt und acht Mal verurteilt. Durch die wiederholten Hausdurchsuchungen in den drei Jahrzehnten, in denen Priem aktiv war, wurden regelmäßig Waffenarsenale zu Tage befördert, die eine kleine Terrorzelle bestens hätten ausrüsten können. Die Vorliebe für rechte Hetze und Waffen ist bis heute geblieben. Nach einer Zeit der relativen Passivität trat Priem im November 2011 als Redner auf einer Neonazidemonstration in Hamm (NRW) auf. Im Juni dieses Jahres bedrohte er in seinem Haus in Moabit einen Nachbarn mit einer Schusswaffe [13]. Im Zuge dessen stürmten Beamte eines Spezialeinsatzkommandos seine Wohnung und stellten zwei scharfe Maschinenpistolen und einen Revolver sicher. Aus seiner Sympathie für den NSU macht er keinen Hehl. Als hätte sich seit den Zeiten von „Wotans Volk“ nichts geändert, tönt einem auf Priems Anrufbeantworter auch heute noch eine Maschinengewehrsalve entgegen.

Niemand ist vergessen! – Rassismus tötet!

Die Zwickauer Terrorzelle machte da weiter, wo die militante Rechte zu Gunsten (halb-)legaler Strukturen die Agitation in einen mehr oder weniger legitimen Rahmen stellte. Sie setzte an dem Punkt an, an dem der Mob in Rostock aufgehört hatte – nur eben im Alleingang. Der NSU und die Mörder von Solingen [14], die ideologisch und strukturell von Verfassungsschutz-Männern gezogen worden waren, belegen die Nähe und Wechselwirkung zwischen Neonazis und den ultrakonservativen Fraktionen der staatlichen Organe. Priem, der bereits in den 1980ern paramilitärische Strukturen aufgebaut hatte, ist wiederum ein Beleg dafür, wie sich derlei Strukturen über Jahrzehnte trotz oder gerade wegen des Mitwissens der Sicherheitsbehörden, vollkommen offensichtlich entwickeln konnten. Sowohl der NSU und Arnulf Priem, als auch die Brandstifter_innen von Rostock müssen darum als das benannt werden, was sie sind: ein Produkt staatlicher Blut- und Bodenzucht!

Das Erbe des Antikommunismus, der sich in der BRD konserviert hat, begünstigt auch heute reaktionäre Vorstellungen und Neonazismus, deren Auswirkungen bis zum Mord an nicht-deutschen Menschen und sog. „Volksfeinden“ geht. Noch immer heißt die Losung des deutschen Staates: „Der Feind steht links“, spätestens dann wieder, wenn die aktuelle Sensibilisierung für Neofaschismus in ein paar Jahren verklungen ist.

Wir vergessen jedoch nicht! Darum stellen wir die Demonstration am 14. September 2012 in einen Kontext mit dem Kampf um das Gedenken an die Pogrome und alle Opfer rechter Gewalt. Außerdem ist die Demonstration Teil der „Niemand ist vergessen!“-Kampagne . „Niemand ist vergessen!“ setzt sich für das Gedenken an Dieter Eich ein und organisierte bereits im Mai Demonstrationen gegen Dieter Eichs Mörder und deren Verteidiger Aribert Streubel.
Wir denken, dass neonazistische Täter keine Ruhe verdient haben, selbst dann, wenn sie nicht mehr aktiv sind. Zu schwer wiegen ihre Vergehen gegen die Menschlichkeit.

Kommt nach Moabit und demonstriert zusammen gegen Neonazis und rechten Terror.

Antifaschistische Demonstration:
14. September 2012, 18 Uhr, U-Bhf. Turmstraße

Termine:
Solitresen nach der Demo: 14.09.2012 | 20:00 Uhr | Scherer8 ( Schererstraße Nr. 8 )

North East Antifascists [NEA] | www.nea.antifa.de
Bündnis „Nazis auf die Pelle rücken!“| www.aufdiepelleruecken.blogsport.de

Quellen / Erläuterungen:
01: Am 23.08.2012 werden ab 12 Uhr bundesweit bekannte Neonazikader in Lichtenagen geischtet. Während des Pogroms werden u.a. folgende Neonazis Identifiziert: Bela Ewald Althans (GdNF), Christian Worch (NL, Hamburg), Christian Malcoci („Hilfsgemeinschaft für nationale Gefangene“ – HNG), Michael Büttner (DA, Cottbus), Arnulf Priem, Gerhard Endress (VAPO, Österreich) und Erik Rundquist (Führer des „Weißen arischen Widerstands“, Schweden), Oliver Schweigert ( Freie Wählergemeinschaft Die Nationalen, GdNF), Norbert Weidner (Initiative Gesamtdeutschland, Anti-Antifa, heute Chefredakteur der Burschenschaftlichen Blätter) / 23.08.2012, Neues Deutschland, „Chronik eines Pogroms: Sonntag, 23. August 1992“

02: Dusiburger Institutes für Sprach- und Sozialforschung, “SchlagZeilen – Rostock: Rassismus in den Medien”, 2. Auflage, Januar 1993, S. 53 (Verweis auf Informationen des britische Antifa-Magazin „Searchlight“, No. 208, Oktober 1992)

03: Spiegel, 25.8.75

04: Die NSDAP-Aufbauorganisation (NSDAP/AO) wurde im Jahr 1972 durch den Neonazi Gary Lauck in den USA gegründet. Die NSDAP-AO vertreibt nationalsozialistisches Propagandamaterial, darunter „Mein Kampf“ von Adolf Hitler und den antisemitischen Propagandafilm „Der ewige Jude“, und betreibt über ihre Website ein Internetradio.

05: 03.03.1997, Spiegel 10/97, „Lebende Zeitbomben“ / 1999, Spigel TV

06: Simon Wiesenthal (* 31.12.1908 – † 20.09.2005) war ein österreichisch-jüdischer Überlebender des Holocaust. Er wurde bekannt als Nazijäger, da er ehemalige Hochrangige NS-Funktionäre aufspürte, die an den Gräueln des Nazi-Regimes beteiligt waren.)

07: 04.08.1997, TAZ, „Das Netz des Berliner Neonazi-Terrors“

08: „Drahtzieher im braunen Netz. Ein aktueller Überblick über den Neonazi-Untergrund in Deutschland und Österreich“, Konkret Literaturverlag 1996

09: 13.08.1994, Verhaftung während der Antifa-Demo vor Preims Wohnung, Angeklagte des „Dach-Prozesses“ : Angeklagten Kay Diesner, Wolfgang Kaiser, Matthias Ridderskamp, Hans-Jörg Rückert, Mike Schildt, Ronald Dieter Spieker, Katrin Maut, Detlef Cholewa, Yvon Susann Starke, Marcus Alexander Bischoff, Oliver Carsten Schweigert, Matthias Morell, Marco Lau, Heinrich Axt, Oliver Werner, Andreas Lück, Enno Gehrmann. / Schweigert, Bischoff, Diesner und Werner waren Aktive der Berliner Anti-Antifa, mit guten Verbindungen ins Militante Lager.

10: 17.05.1995, Berliner Zeitung, „Priem bestätigt die Vorwürfe“

11: Initiative “Niemand ist vergessen!”, 08.05.2012, “Der Mord an Dieter Eich”

12: bnr.de, 15.06.2012, „Waffenfund bei altem „Kameraden“

13: Initiative “Niemand ist vergessen!”, 14.05.2012, „Der Freispruch als politische Erklärung Aribert Streubel – Strafverteidiger und Freund der rechten Szene“

14: Neu Rheinische Zeitung, 04.06.2008, „15 Jahre nach dem Brandanschlag von Solingen“

flattr this!

]]>
/1284/feed/ 0
[B] Antifa-Demo gegen Arnulf Priem /nazis-aus-der-deckung-holen-antifa-demo-gegen-arnulf-priem/ /nazis-aus-der-deckung-holen-antifa-demo-gegen-arnulf-priem/#comments Wed, 29 Aug 2012 18:45:04 +0000 http://rassismustoetetkampagne.blogsport.eu/?p=1281 Nazis aus der Deckung holen!
Keine Ruhe den rechten Tätern!
Antifaschistische Demo gegen Arnulf Priem

Das Pogrom in Rostock-Lichtenhagen im Jahr 1992 bildete einen vorläufigen traurigen Höhepunkt des rassistischen Normalbetriebs in diesem Land – dabei wurden völkisch-rassistische Einstellungen der Mehrheitsbevölkerung durch bundesweit agierenden Neonazi-Kader gezielt angefeuert. Dass solche Einstellungsmuster in letzter Konsequenz Mord und Pogrome produzieren, zeigen u. a. der in Berlin durch Kay Diesner versuchte Mord an einem linken Buchhändler sowie die Ermordung Dieter Eichs durch junge Neonazis.
Am 14. September wollen wir darum gegen Arnulf Priem einen der Drahtzieher des Pogroms von Rostock und einen Aufbauhelfer des rechten Terrors auf die Straße gehen. Für die rassistischen Täter in der Politik und im neonazistischen Spektrum darf es keine Ruhe geben!

langen Aufruf lesen | kurzen Aufruf lesen | Infotext zu Priem | FACEBOOK-EVENT (ladet alle ein!)
Die Aktion findet statt im Rahmen der Kampagnen „Niemand ist vergessen!“ und „Rassismus tötet!“

Antifa-Demo:
14.09.2012 | Berlin | 18:30 Uhr | U-Bahnhof Turmstraße
Im Anschluss: Soli-Tresen | 20:00 Uhr | Scherer8 (Schererstraße Nr. 8 )

North East Antifascists [NEA] | www.nea.antifa.de
Bündnis „Nazis auf die Pelle rücken!“| www.aufdiepelleruecken.blogsport.de

flattr this!

]]>
/nazis-aus-der-deckung-holen-antifa-demo-gegen-arnulf-priem/feed/ 0